25.01.2018

Ist das Leben der Johannisbeeren-Blattlaus Kulturgut?

Kreisarchiv präsentiert zusammen mit dem Bildungsministerium restauriertes und digitalisiertes Kulturgut

Drei Restaurierungs- sowie Digitalisierungsprojekte hat das Kreisarchiv Stormarn im letzten Jahr mit finanzieller Unterstützung des Landes Schleswig-Holstein durchgeführt. Ohne die großzügige Förderung, die aus dem Programm zur Erhaltung des schriftlichen Kulturgutes zur Verfügung gestellt wurde, hätten die umfangreichen Projekte nicht umgesetzt können.

Jetzt wurden die Ergebnisse von Landrat Dr. Henning Görtz, der Leiterin der Kulturabteilung im Schleswig-Holsteinischen Bildungsministerium Susanne Bieler-Seelhoff, Kreisarchivar Stefan Watzlawzik und Restauratorin Gudrun Kühl vorgestellt. Als Gäste waren die Leiterin des Ahrensburger Stadtarchivs Dr. Angela Behrens sowie Bernd Reher, ehrenamtlicher Mitarbeiter im Stadtarchiv und im Historischen Arbeitskreis Ahrensburg dabei.

Für das kulturelle Gedächtnis des Landes sind schriftliche Zeugnisse ebenso bedeutend und unersetzlich wie Kunstwerke. Deshalb hat das Land 2011 ein Förderprogramm zum Erhalt schriftlichen Kulturgutes geschaffen. Im Kreis Stormarn wurden daraus seit 2013 insgesamt 59 Projekte mit insgesamt rund 320.000 Euro unterstützt. „Tintenfraß, Schimmelpilz, säurehaltiges Papier und unsachgemäße Lagerung setzen vielen Dokumente in den Archiven und Bibliotheken im Land zu.

Diese Unikate zu restaurieren und für die Nachwelt zu sichern, erfordert eine gemeinsame Anstrengung von Land und Kommunen“, sagte Kulturabteilungsleiterin Bieler-Seelhoff. Der Kreis Stormarn sei engagiert dabei. Die in Bad Oldeloe vorgestellten Projekte zeigten exemplarisch, wie vielseitig das schriftliche Erbe der Region ist.

Es wurden Protokolle des Kreistags bearbeitet, Grundbücher, Pfand- und Schuldprotokolle aus der Zeit vor 1800, Brandverordnungen und Schulverzeichnisse. Eine Besonderheit war der Nachlass von Johann Heinrich Ludwig Flögel, einem Stormarner Naturforscher im 19. Jahrhundert, dessen Lebensgeschichte jetzt neu erforscht werden soll.

Vor der Digitalisierung wurden die Unterlagen von der Hamburger Restauratorin Gudrun Kühl konserviert und restauriert, damit sie im Archiv wieder Interessierten vorgelegt werden können. Es wurden Fehlstellen ergänzt, Risse geschlossen und die empfindlichen Unterlagen fachmännisch gereinigt. Anschließend gingen die Archivalien nach Dresden und wurden dort schonend gescannt.

Besonders interessant und wertvoll ist der Nachlass von Johann Heinrich Ludwig Flögel. Er wurde 2008 vom Museum für Bergedorf und die Vierlande an das Kreisarchiv Stormarn abgegeben, weil Flögel Schreiber des Amtes Reinbek war. Die Akten scheinen ihn aber nicht viel interessiert zu haben, denn er beschäftigte sich zunehmend mit naturwissenschaftlichen Forschungen.

Die Unterlagen beinhalten große Vielfalt naturwissenschaftlicher Studien zu Astronomie, Insektenkunde, Mechanik und Wetterkunde. Darunter befinden sich auch einige Zeichnungen. Ebenfalls dabei ist sein preisgekrönter Aufsatz „Monographie der Johannisbeeren-Blattlaus“.

Flögel war Mitglied der Royal Microscopical Society of London und Mitglied der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte. Vor wenigen Jahren wurden mehrere seiner Fotografien an das Stadtarchiv Ahrensburg abgegeben. Darunter wurden inzwischen die weltweit ältesten bekannten fotografische Aufnahmen von Schneekristallen identifiziert.

Gemeinsam mit dem Stadtarchiv Ahrensburg sollen die Unterlagen 2018 für die Forschung zugänglich gemacht werden. Desweiteren organisiert der Historische Arbeitskreis Ahrensburg gemeinsam mit dem Stadtarchiv im Mai eine Ausstellung anlässlich Flögels 100. Todestag. Und die Stadt Ahrensburg wird eine Straße im Industriegebiet Beimoor-Süd nach dem Naturforscher benennen, der am 25. Januar 1918 dort verstarb.