05.01.2005

Denkmalpflege im Kreis Stormarn – Jahresbericht 2004

Eine zufriedenstellende Bilanz zog jetzt Stormarns Landrat Klaus Plöger: „Im Kreisgebiet gab es auch im abgelaufenen Jahr wieder etliche Beispiele einer gelungenen Pflege historischer Gebäude und Anlagen.“ Einzelheiten erläuterte Kreisbaudirektor Burkhard von Hennigs, Fachdienstleiter für Hochbau und Denkmalpflege in der Kreisverwaltung.

Wie schon in den Vorjahren war auch 2004 die größte „Denkmal-Baustelle“ das Herrenhaus in Nütschau, Gemeinde Travenbrück. Nach der statischen Sicherung des gesamten Baukörpers durch das Einbringen von Stahlankern in allen Ebenen und der Dachsanierung im Jahr 2003 wurde 2004 als wesentliche Maßnahme die bauliche Sanierung aller Wände und Deckenbalken vorangetrieben. Da viele Balkenköpfe nach gut 425 Jahren verfault waren, wurden die Auflager durch das Einbringen und Einmauern von stählernen T-Trägern wieder hergestellt. Mittlerweile konnte auch mit dem Aufbau der neuen Fußböden in einigen Räumen begonnen werden.

Trägerin der Sanierung ist nach Abschluss eines Kooperationsvertrages mit dem Benediktiner-Priorat Sankt Ansgar im März 2004 jetzt die Gemeinde Travenbrück. Im Oktober wurde die klobige doppelläufige Freitreppe abgebrochen; der künftige Zugang soll über den Zwischenbau erfolgen, der das alte Herrenhaus von 1577/78 mit dem 1999 eingeweihten modernen Klausurgebäude verbindet (Architektengemeinschaft Prof. Hülsmann und Sommer, Bonn/Monschau).

In Trenthorst, Gemeinde Westerau, wurde mit der Sanierung der unter Denkmalschutz stehenden zentralen Wirtschaftsgebäude des Gutes begonnen, dem sogenannten Karrée. Für das Institut für ökologischen Landbau der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft werden hier in einem ersten Abschnitt Büros und in der ehemaligen Remise ein Vortragsraum entstehen. In einem weiteren Bauabschnitt ab 2006 sind der Einbau von Bibliothek, weiteren Büros, Laboren und Werkstätten sowie einer Metzgerei vorgesehen.

Die Grundinstandsetzung des ehemaligen Bauernhauses Hauptstraße 103 in Tangstedt konnte weitgehend abgeschlossen werden (Architekt Jan Ihns, Niendorf bei Berkenthin). Der frühere Wirtschaftsteil von sechs Fach Länge und das Wohnfach wurden unter Erhaltung des inneren und äußeren Fachwerks behutsam saniert und als Wohnhaus der neuen Eigentümer und deren Familie hergerichtet. Die genaue Baugeschichte dieses ältesten landwirtschaftlichen Bauwerks in der Gemeinde konnte bisher nicht zufriedenstellend erforscht werden; es stammt im Kern vielleicht aus dem 17. oder 18. Jahrhundert und wurde zuletzt in den 1920er Jahren im Bereich der Diele und des Eingangs noch einmal modernisiert.

Auch die Instandsetzung des langgestrekten Fachwerkgebäudes im Beekmoorweg 8, des „Melkerhauses“ des früheren Gutes Tangstedt, wurde mit der weiteren Sanierung des Fachwerks und der Herstellung neuer Kastendoppelfenster in den ursprünglichen barocken Abmessungen fort-gesetzt.

In Jersbek ließ die Gemeinde nach Fertigstellung des erweiterten Parkplatzes gegenüber der Gaststätte „Fasanenhof“ den Platz vor dem 1678 errichteten Torhaus des Gutes nach einem Entwurf des Landschafts-architekten Klaus Schröder (Kiel) herrichten. Die Sanierung des kleinen Feuerwehrgerätehauses von 1879 konnte im Herbst abgeschlossen werden. Künftig werden hier die Reste weiterer Gartenfiguren aus dem ehemaligen Barockgarten ausgestellt. Um den Zugang in den nach wie vor öffentlich zugänglichen barocken Gutspark besser zu markieren, wurden an der historischen Stelle vier Backsteinpfeiler neu aufgemauert, die demnächst noch die bereits fertigen vier eisernen Torflügel aufnehmen sollen. Das benachbarte Wohnhaus erhielt eine separate Zufahrt durch den ehemaligen Küchengarten.

In der benachbarten, ab ca. 1730 gepflanzten Jersbeker Allee, heute Teil der Kreisstraße 56/86, ließ das Straßenbauamt im Auftrag des Kreises Stormarn die Kronen der seit der Sanierung 1976 mittlerweile hoch aufgewachsenen Stämmlinge einkürzen. Grundlage für diese Arbeiten war ein Gutachten von Dr. Dirk Dujesiefken, Institut für Baumpflege, Reinbek. Im Jersbeker Gutspark mussten im Winter 2003/04 insgesamt 8 kranke Linden gerodet und durch Neupflanzungen ersetzt werden.

Nach dem Besitzerwechsel hat der neue Eigentümer des Gebäudes Grabauer Straße 17 in Bad Oldesloe, der Kreisverband Stormarn des Deutschen Roten Kreuzes, den Eingangsbereich mit Haustür und Treppenhaus saniert. Sämtliche Sprossenfenster wurden neu gestrichen.

Mit der Erneuerung des traditionellen Reetdaches mit genähtem First anstelle eines um 1950 aufgebrachten Zinkblechdaches und dem Abschluss der Fachwerkarbeiten wurde die Sanierung der Röperkate in Grönwohld fortgesetzt.

Finanzielle Beihilfen

Seit nunmehr sieben Jahren stehen den Denkmaleigentümern in Stormarn keine Beihilfemittel des Kreises mehr zur Verfügung. „Umso wichtiger sind daher Zuschüsse anderer Stellen“, so Landrat Plöger.

Die Kulturstiftung der Sparkasse Stormarn hat auch im Jahr 2004 die Denkmalpflege im Kreisgebiet mit einem namhaften Betrag unterstützt: Mit 20.000 € wurden die Erneuerung des Reetdaches und weitere Zimmer-mannsarbeiten an der Röperkate in Grönwohld bezuschusst.

Das Landesamt für Denkmalpflege Schleswig-Holstein unterstützte mit rund 52.000 € mehrere Instandsetzungen und Gutachten: Den größten Anteil mit 30.000 € erhielt das Kloster Nütschau als Beihilfe zur Restaurierung der bei den Sanierungsarbeiten im Herrenhaus entdeckten bemalten Holzdielen aus dem 16. und 17. Jahrhundert (Restauratoren Simmert und Freitag, Kiel). In Tangstedt wurde die fachgerechte Herstellung der Kastenfenster am „Melkerhaus“ bezuschusst. In Reinbek erhielten die Eigentümer der Villa Tiefenbacher in der Waldstraße 6 eine Beihilfe zur Restaurierung einer historischen Papier-Prägetapete in der Halle des Hauses.

Einen ersten Abschlag erhielt die Stadt Ahrensburg für die Erarbeitung eines Entwicklungs- und Pflegeplanes für den Bereich des historischen Schlossparkes (Landschaftsarchitektur-Büro EGL, Hamburg). Ebenso wurde die gartendenkmalpflegerische Bestandsaufnahme des Villengartens Holst in der Oetjendorfer Landstraße 15 – 17 in Hoisdorf gefördert (Landschaftsarchitekt Kirchwehm, Kiel). Ein weiterer Zuschuss ging nach Nütschau für die Erstellung eines Gutachtens als Zielplanung für die künftige Wiederherstellung der das Herrenhaus und Kloster umgebenden Grünflächen (Landschaftsarchitekt Holger Muhs, Schönberg bei Kiel).

Die Stiftung Schleswig-Holsteinische Landschaft gewährte im abgelaufenen Jahr insgesamt 30.000 €. Das Geld kam zum größeren Teil der Sanierung des Bauernhauses Hauptstraße 103 in Tangstedt, zum kleineren Teil dem ehemaligen Melkerhaus zugute.

Auf die Jahre 2004 – 2006 ist die Zuwendung in Höhe von insgesamt 850.000 € zu verteilen, die die Gemeinde Travenbrück als Trägerin der Sanierung des Herrenhauses Nütschau aus Projektmitteln der Europäischen Gemeinschaft zur „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küsten-schutzes, Programm Zukunft auf dem Lande“ Mitte des Jahres 2004 bewilligt bekam. Damit und mit gleichhohen Eigenmitteln ist jetzt wohl die vollständige bauliche Sanierung des Herrenhauses gesichert.

Der Verein Naherholung im Umland Hamburg e. V. unterstützte die Baumsanierung in der Jersbeker Allee mit einem Zuschuss von 12.000 €.

Den hohen Stellenwert der Denkmalpflege durch steuerliche Abschrei-bungsmöglichkeiten macht auch im abgelaufenen Jahr 2004 wieder die folgenden Zahlen deutlich: Für 11 Denkmaleigentümer bescheinigte das Landesamt für Denkmalpflege für notwendige Instandsetzungs- und Erhaltungsmaßnahmen rund 1.127.400 € (im Vorjahr 88.400 € für 7 Eigentümer). Umgerechnet entspricht dies einer Beihilfesumme von rund 282.000 bis 338.000 € aus dem allgemeinen Steueraufkommen.

Tag des offenen Denkmals

Am 12. September 2004 fand der europaweite Tag der offenen Tür für Kulturdenkmale zum 12. Mal statt. In Stormarn waren an diesem Tag vier Kulturdenkmale geöffnet:

- die evangelische Schlosskirche in Ahrensburg,
- der Jüdische Friedhof in Ahrensburg,
- die evangelische Kirche in Zarpen,
- die „Röperkate“ in Grönwohld.

Die Geschichte und Gestalt des 1822 eingeweihten Jüdischen Friedhofes am Stadtrand von Ahrensburg am Wulfsdorfer Weg war Inhalt einer Projektarbeit der Klasse 10 a der Stormarnschule mit ihrem Klassenlehrer Christian Spickermann. Nachdem die Schülerinnen und Schüler dieser Klasse einige Tage zuvor einen Pflegetag auf dem Friedhof durchgeführt und die Grabsteine gesäubert hatten, wurden die Führungen am 12. September von ihnen selbst vorgenommen. Deutlich über 400 Besucher haben dies Angebot angenommen.

Das europaweite Thema „Wasser“ stand im Mittelpunkt der Predigt, die Pastor Helgo M. Haak in der Schlosskirche in Ahrensburg hielt, mit ihren historischen Ausstattungsstücken Taufbecken und Taufengel.

Traditionell am Pfingstmontag, am 31. Mai 2004, nahmen wieder gut 3000 Besucherinnen und Besucher die Gelegenheit wahr, Stormarns einzige gewerblich „arbeitende“ historische Mühle, die 1849 erbaute Holländer-Windmühle in Braak, zu besichtigen.

Unterschutzstellungen

Im September 2004 hat das Landesamt für Denkmalpflege die kleine Fachwerkkate der Gemeinde Grönwohld in der Bahnhofstraße 5 in das Denkmalbuch eingetragen. Der drei Fach große Zweiständerbau der „Röperkate“ wurde wohl Ende des 17. Jahrhunderts als Landarbeiterkate errichtet. Um 1900 wurden das äußere Fachwerk zum Teil durch Ziegelwände ersetzt, teilweise wurden auch nur die ursprünglich mit Lehmstaken ausgefüllten Gefache mit gebrannten Ziegeln ausgemauert.

Der Hahnheiderhof in der Schulstraße 41 in Hamfelde in Stormarn wurde im Oktober 2004 unter Denkmalschutz gestellt. Er ist 1912 von den Hamburger Architekten Ernst Küntzel und Ernst Köpcke für den Hofbesitzer Heinrich Werner und seine Frau Anne errichtet worden. Das zweigeschossige Wohnhaus aus roten Ziegeln trägt ein Vollwalmdach mit Zwerchgiebeln an den Schmalseiten und zeichnet sich durch eine sorgfältig gestaltete Fassade und hochwertige Architekturdetails im Stil der Heimatschutzarchitektur aus. Zum jetzt geschützten Ensemble gehören auch ein eingeschossiges Nebengebäude für das damals beschäftigte Gesinde und die Werkstatt samt Garage sowie eine langestreckte Ahornallee als Zufahrt.

Literatur

Als bedeutendes Beispiel für die profane Architektur der 1950er und 1960er Jahre in Schleswig-Holstein werden in einem Aufsatz von Dr. Astrid Hansen die in zwei Abschnitten 1957 – 1960 und 1968 – 1970 errichteten Verlagsgebäude des Rowohlt-Verlages in Reinbek in der Zeitschrift „DenkMal! Schleswig-Holstein“, 11. Jahrgang 2004, vorgestellt. Der Entwurf stammt von dem bekannten Hamburger Architekten Professor Fritz Trautwein (1911 – 1993).

Die Sanierung weiterer Kulturdenkmale in Stormarn wird in dem Zweijahresbericht 2002/2003 des Landesamtes für Denkmalpflege in dem Band 73 der Zeitschrift Nordelbingen angeführt, erschienen 2004 im Boyens-Buchverlag. Erfasst sind unter anderen das Herrenhaus und die Haferscheune in Blumendorf, das Herrenhaus Nütschau, das sogenannte Melkerhaus in Tangstedt sowie das ehemalige Amtshaus und Forstdienstgebäude in Reinfeld.

Einen Überblick zur Entstehung und allgemeinen Geschichte der „Güter in Stormarn“ gibt der Aufsatz von Burkhard von Hennigs im Jahrbuch für den Kreis Stormarn 2005.

Ausblick

Die Denkmalschutzbehörden erwarten in diesem Jahr, wie Landrat Plöger abschließend ausführte, unter anderem die Fortsetzung der Sanierung des Wirschaftshofes in Trenthorst. Ebenso ist mit dem Beginn der Sanierung der historischen Reithalle am Marstall in Ahrensburg zu rechnen. An der Braaker Mühle sollen im Jahr 2005 die Holzteile der Windrose überholt werden.

Die weitere Pflege des Jersbeker Gutsparks wird nach der bereits Mitte des Jahres 2004 erfolgten Verlängerung des Pachtvertrages bis zum Ende des Jahres 2009 in der Verantwortung des Kreises Stormarn liegen.