09.02.2005

Die Verwaltung im Karton – Geschichtsstudent macht Praktikum im Kreisarchiv Stormarn

Der Reinbeker Karsten Krauth (25) absolviert seit 07.02.2005 ein zweimonatiges Praktikum im Archiv des Kreises Stormarn. Unter der Anleitung von Diplom-Archivar Stefan Watzlawzik (23) wird er in alle wichtigen Aufgaben und die Besonderheiten eines Kreisarchivs und der Arbeit innerhalb der Verwaltung eingeführt.

Der 25-Jährige studiert die Fächer Geschichte, Soziologie und Öffentliches Recht an der Universität Hamburg und nutzt die vorlesungsfreie Zeit zwischen Winter- und Sommersemester, um einen praktischen und möglichst vielfältigen Einblick in das Stormarner Archivwesen zu bekommen.

„Die Arbeit in einem Archiv ist keineswegs staubtrocken oder langweilig,“ betont er, „denn sie ermöglicht detaillierte Einblicke in das Leben vergangener Zeiten und ist insbesondere für regionalgeschichtliche und mikrohistorische Untersuchungen eine wahre Fundgrube.“

Vor allem aber die eigentliche Kernaufgabe eines Archivars, die Überlieferungsbildung, reizt ihn an diesem Berufsbild. Die Überlieferungsbildung ist die Auswahl von Unterlagen zur Aufbewahrung für die „Ewigkeit“. Um die Grundrechte eines jeden Bürgers zu schützen, steht diese Berechtigung allein den Facharchivaren zu.

Für Stefan Watzlawzik als Archivar ist der Praktikant auch eine neue Herausforderung. „Das Kreisarchiv Stormarn möchte sich in Zukunft mehr öffnen, indem es Studenten und Schülern Praktika anbietet. Dabei geht es nicht allein um Archivarbeit in der Praxis, sondern auch darum, das
Verständnis für kommunale Verwaltung zu fördern. Bei aller öffentlichen Kritik, darf man nämlich nicht vergessen, dass unzählige Leistungen für die Bürger erbracht werden, die dem Gemeinwohl dienen. Das Kreisarchiv spiegelt dabei die gesamte Vielfalt der Region zwischen Hamburg und Lübeck wider.“

2001 lernte Karsten Krauth für anderthalb Monate die Arbeit in einem Redaktionsarchiv kennen. In jener Zeit wurde bei ihm das Interesse geweckt, Archivar zu werden. Verständnislosen Blicken in Verbindung mit den mitleidvollen Worten, dass man dann ja nur in einem dunklen, staubigen und einsamen Archivkeller hocke, muss er immer wieder mit einem Lächeln begegnen: „Die Arbeit ist sehr vielseitig, denn zur Archivierung von Schriftgut gehört nicht nur das Abstauben alter Akten in alten Kartons, sondern zuerst einmal die Überlegung: Bei wem entstehen überhaupt interessante Unterlagen? Dafür ist sehr viel Wissen über Verwaltungsaufbau, aber auch Fingerspitzengefühl im Umgang mit Privatpersonen notwendig. Darüber hinaus müssen Archivare Benutzer beraten und sie bei der Suche nach geeigneten Quellen für ihre Projekte unterstützen.“

Auf dem Foto: Karsten Krauth (links) wird an seinem neuen Arbeitplatz von Stefan Watzlawzik begrüßt

Obwohl viele Archive öffentlicher Einrichtungen, wie Stadt- und Kreisarchive, eher ein Schattendasein führen, erfüllen sie unverzichtbare Aufgaben. So können noch nach Jahrzehnten Anfragen zu Eigentums- oder Abstammungsverhältnissen auftreten, die dann nur mit Hilfe des Archivs beantwortet werden können. Oder es müssen Ansprüche von Zwangsarbeitern geprüft werden. Wiedergutmachung für das Unrecht zwischen 1933 – 45 wird so überhaupt erst ermöglicht.

Vor allem aber Heimat- und Familienforscher werden im Kreisarchiv fündig. Die Arbeit an einer Familien- oder Dorfchronik wird in den meisten Fällen von den Archiven aktiv unterstützt. Insofern versteht sich das Kreisarchiv Stormarn heute in erster Linie als Dienstleister am Bürger, in zweiter für die Kreisverwaltung.