11.11.2005

Studie zum Klimawandel: Wie verändert sich unser Leben in diesem Jahrhundert?

Wie Europa unter dem Klimawandel leiden wird
Die Frage, ob sich das Klima wandelt, ist längst beantwortet. Die Tier- und Pflanzenwelt zeigt: Wir stecken bereits mittendrin. Die Frage ist, wie und mit welchen Auswirkungen für die Menschen: Bis zum Ende des Jahrhunderts werden sich in Europa die Bedingungen für Land- und Forstwirtschaft, Energie- und Wasserversorgung, für Tourismus und unseren Alltag deutlich verändern. Die Experten sind sich sicher, dass die Temperaturen weiter steigen und extreme Wetterlagen zunehmen werden. Besondere Probleme werden am Mittelmeer und in Bergregionen erwartet.

Zu dieser Prognose kommen Wissenschaftler aus 16 europäischen Forschungsinstituten unter der Leitung vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und der niederländischen Universität Wageningen. Das Wissenschaftsmagazin „Science": Diese Studie ist die erste, welche die Auswirkungen des globalen Wandels auf das menschliche Wohlergehen wissenschaftlich untersucht hat. Sie kommt zum Schluss, dass sich als Folge des Klimawandels viele ,Dienste", die von Ökosystemen geliefert werden, wie z.B. die Produktion von Nahrung, der Schutz der Wasserressourcen und das Erholungsangebot reduzieren. Die Forscher entwickelten die verschiedene Szenarien für ganz Europa bis zum Ende dieses Jahrhunderts. Anschließend untersuchten sie anhand von Indikatoren, wie empfindlich unterschiedliche europäische Regionen gegenüber den Veränderungen sind.

Ergebnis: Der Klimawandel wird in vielen Regionen Europas Probleme bereiten, vor allem im Mittelmeerraum und in Gebirgsregionen. Beispielsweise prognostizieren die Wissenschaftler, dass bis zum Jahr 2080 rund ein Drittel mehr Menschen im Mittelmeerraum in Gebieten mit Wassermangel leben werden. Außerdem sagt die Untersuchung für Europa trockenere Sommer und feuchtere Winter voraus, was die Gefahr für Überschwemmungen und Waldbrände erhöht. Die Studie prognostiziert „erhebliche Veränderungen in der Häufigkeit und Verbreitung von Tier- und Pflanzenarten“.
Einige der ermittelten Trends könnten sich aber auch durchaus positiv auswirken. So rechnen die Forscher mit einer Zunahme der Waldfläche und der Waldproduktivität – dadurch kann mehr Kohlendioxyd (CO2) aus der Luft gebunden werden und die Bodenerosion wird gemindert. Zudem biete der Überschuss an landwirtschaftlicher Nutzfläche in Zukunft eine Chance zur Extensivierung der Landwirtschaft und für den Anbau energetisch nutzbarer, klimaneutraler Pflanzen. Die Studie bestätigt auch, dass europäische Ökosysteme derzeit große Mengen CO2 absorbieren. Bis zum Ende des Jahrhunderts aber werde sich die globale Erwärmung auch durch die Freisetzung von Bodenkohlenstoff wieder beschleunigen.

Wie sieht es bei uns im nordeuropäischen Raum aus ? Wird es südliches Flair oder vielleicht Vereisung bei uns und in Skandinavien geben ?
Die Ostsee könnte zur Adria werden, Skandinavien zum sonnigen Urlaubsland. Langfristig. Deutliche Vorboten des Klimawandels sind aber auch schon jetzt im Norden angekommen: Fachleute finden in Dänemark, Finnland und Schweden Schmetterlinge aus Südeuropa oder Fische aus tropischen Gewässern. In einem Bericht für den nordischen Ministerrat riefen Wissenschaftler jetzt die Politiker auf, gegen den Treibhauseffekt vorzugehen. Die Experten sind sich sicher, dass die Temperaturen weiter steigen und extreme Wetterlagen zunehmen werden.
Für die nächsten 80 bis 100 Jahre rechnen Klimamodelle statt mit einem Plus von 0,6 Grad mit einem Temperaturanstieg von 1,5 bis 5,8 Grad. Schon 2070 könnten die deutschen und südschwedischen Ostseeküsten demnach ein Adriaklima haben. Dafür würde dann in der spanischen Wüste kaum noch jemand Urlaub machen wollen. Wenn nicht noch, wie Experten sagen, eine "Überraschung im Treibhaus" passiert - und der Golfstrom, die Warmwasserheizung im Atlantik, zum Erliegen kommt. Dann würde Skandinavien vereisen.

Was können wir hier in Schleswig-Holstein in dieser Situation tun ?
Jeder einzelne ist an den Ursachen für den Klimawandel beteiligt und trägt bewusst oder unbewusst dazu bei. Wesentlicher Faktor ist der allgemein hohe Energie- und Wasserverbrauch. Das sollten wir wissen und unseren Alltag einmal kritisch durchgehen.

Energieverbraucher Nr. 1 und damit wichtiger Klimafaktor ist die Hausheizung, deren Kosten für viele Schleswig-Holsteiner mit den steigenden Öl- und Gaspreisen eine unerwartete Mehrbelastung sind. Die Umweltkatastrophen durch die Super-Hurrikans und Taifune gehen nach Expertenmeinung schon auf das Konto des Klimawandels und haben zu einer unerwartet hohen Preissteigerung bei Öl und Benzin geführt. Alternativen, die weitgehend unabhängig von Gas- und Ölpreisen sind, wie die Solartechnik, gibt es mittlerweile als erprobte Technik für Jedermann mit staatlicher Förderung.

Auch der Stromverbrauch belastet unser Klima, unnötig dabei der Stromverbrauch vieler Geräte in Stand-by-Schaltung oder von Geräten, die zunehmend mit Uhren ausgestattet sind. Vielleicht reut es uns auch später, so oft ohne nachzudenken ins Auto gestiegen zu sein, obwohl zu Fuß gehen oder Radfahren möglich und auch noch gesünder gewesen wäre. Muss es außerdem der weitgereiste Apfel oder die Kiwi aus Neuseeland sein, oder sind die Früchte von hier nicht genauso gut ? Viele Verbraucher fragen mittlerweile nach Produkten aus der Region oder lassen sich gleich eine Kiste saisonales Gemüse von einem Bauernhof aus der Nähe liefern. Auch das ist Klimaschutz, fördert außerdem die heimische Landwirtschaft und sorgt für Arbeit im Land.

Dieses Jahrhundert werden vor allem unsere Kinder gestalten und erleben. Eine weitere Frage ist, ob wir als Gesellschaft in der Lage sind, ihnen zu vermitteln, dass unser heutiger Alltag negative Konsequenzen hat und was wir ändern müssen, um diese abzuwenden. Für diese weltweit große Aufgabe hat die UNESCO eine Dekade der Bildung für nachhaltige Entwicklung von 2005 bis 2014 ausgerufen. In die Bildung muss „Nachhaltigkeit Lernen“ integriert werden. Da aber so viel aus unserem Alltag betroffen ist, reicht es nicht, das Thema einmal im Lehrplan anzuschneiden.

Informationsveranstaltung mit Beratungsmesse der Kreishandwerkerschaft am 22. November beim Kreis
Am 22. November bietet eine Veranstaltung beim Kreis Stormarn Informationen zum Klimawandel, zu öl- und gaspreis-unabhängigen Heiztechniken und zu erprobten Unterrichtsmaterialien und Projekten in und um Stormarn, um die Einbindung von Klimaschutz und Nachhaltiger Entwicklung in den Unterricht zu unterstützen. Vorgestellt wird auch ein Dekade-Projekt der UNESCO zum Thema Nachhaltigkeit Lernen: Das vom AGENDA 21-Büro entwickelt Schulprojekt „Natürliche Lebensgrundlagen – gestern, heute und morgen“. Es wurde mit viel Begeisterung dieses und letztes Jahr in Stormarn durchgeführt und steht auch 2006 allen Schulen mit fertigen Arbeitsmaterialien und Checklisten als Projekttag zur Verfügung.

Auf einer begleitenden Beratungsmesse von AGENDA 21-Büro und Kreishandwerkerschaft Stormarn können Interessierte sich beraten lassen zu Energiesparen, dem Einsatz neuer ölpreis-unabhängiger Techniken wie z.B. Solaranlagen oder zu Fördermöglichkeiten und dem neuen Energiepass.

Eröffnung ist ab 17:30 Uhr im Kreistagsitzungssaal, Mommsenstraße 13, in Bad Oldesloe. Der Eintritt ist frei. Weitere Informationen gibt es bei Isa Reher vom AGENDA 21-Büro unter der Telefonnummer 04531-160-637.