22.08.2008

Vergiftung eines streng geschützten Rotmilans

Kreisjägerschaft, Landwirtschaft, Naturschutzbehörde und
ehrenamtlicher Naturschutz setzen sich für den
Greifvogelschutz im Kreis Stormarn ein.

Anläßlich der jüngst aufgedeckten Vergiftung eines streng geschützten Rotmilans im Kreis Stormarn trafen sich Vertreter der Jägerschaft, der Landwirtschaft, des Fachbereiches Umwelt -Naturschutzbehörde- und des ehrenamtlichen Naturschutzes gestern zu einem Fachgespräch. Die Jägerschaft hatte zunächst irritiert auf einen Pressebericht reagiert, in dem man sich Schuldvorwürfen bezüglich der Beteiligung an dem Vergiftungsfall ausgesetzt sah. In fachlicher Diskussion wurden diese Bedenken gemeinsam aufgeklärt und zerstreut. Es lag keinesfalls in der Absicht von Dr. Wirth, der den Vorfall aufdeckte, hier gezielte Schuldzuweisungen an Jäger und Landwirte zu richten. Sofern einzelne Presseberichte anders verstanden wurden, bedauert er dies.
Intensiv widmeten sich Fachbereichsleiter Umwelt Hans-Gerd Eissing, Leiter der Natur-schutzbehörde Joachim Schulz, Kreisjägermeister Klaus Klemm, Geschäftsführer der Kreisjägerschaft Kurt Harra, Hans-Joachim Wendt und Peter Koll vom Kreisbauernverband und Dr. Hans Wirth (Ornithologe und Mitarbeiter im Naturschutzdienst) wichtigen Fragen des Greifvogelschutzes.
Gemeinsam mit dem behördlichen und ehrenamtlichen Naturschutz wenden sich die Jägerschaft und die Landwirte gegen jeden Versuch, der die gemeinsamen und erfolgreichen Bemühungen zum Greifvogelschutz durch kriminelle und unbelehrbare Einzeltäter gefährdet oder gar zunichte macht.
Dieses klare Bekenntnis zum Greifvogelschutz in Schleswig-Holstein haben Umweltministerium, Landesjagdverband und die Ornithologische Arbeitsgemeinschaft für Hamburg und Schleswig-Holstein bereits im Frühjahr 2008 –unabhängig vom aktuellen Vergiftungsfall- im Rahmen der Kieler Erklärung zum Schutz der Greifvögel in Schleswig-Holstein schriftlich abgegeben. Neben den Ornithologen arbeitet die Jägerschaft auch an dem landesweiten Rotmilanmonitoring mit, durch das in den kommenden Jahren verläßliche Bestandsdaten der seltenen Vogelart ermittelt werden sollen.
Der im Juni in der Nähe von Todendorf in Stormarn aufgetretene Vergiftungsfall eines Rotmi-lans ist ein trauriger Anlaß, die Wichtigkeit dieses Bekenntnisses zum Schutz der stark bedrohten Greifvögel von allen Seiten deutlich zu unterstreichen.
Dr. Hans Wirth, leidenschaftlicher Ornithologe und ehrenamtlicher Mitarbeiter im Naturschutzdienst bei der unteren Naturschutzbehörde hatte den erschreckenden Fund damals gemacht und fachkundig für die Einleitung der notwendigen Ermittlungen gesorgt. Untersuchungen haben mittlerweile eindeutig eine Vergiftung mit dem seit Jahren verbotenen Gift E605 (Parathion) ergeben.
Alle Gesprächsteilnehmer gehen davon aus, dass das Tier nicht gezielt vergiftet wurde. Da Rotmilane aber auch Aasfresser sind, liegt der Schluß nahe, dass er durch die Aufnahme von mit E605 vergifteten Krähen, Ratten oder anderen Kleinsäugern zu Tode kam. In den 90er Jahren bis zum Verbot in 2002 war E605 sehr verbreitet im Einsatz und wurde unter anderem auch zur Rattenbekämpfung eingesetzt. Leider werden immer wieder Fälle bekannt die darauf hindeuten, daß auch heute noch Restbestände des Giftes illegal genutzt werden.
Egal, wer das Gift zu welchem Zweck eingesetzt hat –bislang ist schließlich nichts bewiesen und allgemeine Vermutungen helfen nicht weiter-, es handelt sich um eine kriminelle Handlung, die durch nichts entschuldbar ist.
Im aktuellen Vergiftungsfall in Todendorf wurde ein streng verbotenes und hochgefährliches Gift eingesetzt und zudem leichtfertig in Kauf genommen, daß dadurch andere, sehr stark gefährdete Tiere getötet werden. Im vorliegenden Fall wurden dadurch auch noch die beiden Nestlinge des vergifteten Rotmilan-Weibchens getötet.
Dieses gewissenlose kriminelle Handeln verurteilen die Kreisjägerschaft, die Naturschutzbehörde, die Vertreter der Landwirtschaft und der ehrenamtliche Naturschützer Dr. Wirth aufs Allerschärfste:
„Wir hoffen eindringlich, daß die Polizei doch noch Hinweise auf den oder die Täter findet! Gleichfalls hoffen wir, daß dieser schreckliche Fall für alle Mahnung und Abschreckung ist, die solche Gifte noch im Hause haben und verwenden. Dieser Fall macht besonders dramatisch klar, welche weitreichenden Folgen der illegale todbringende Gifteinsatz haben kann. dafür darf es kein Pardon und kein Verständnis geben!“
Behördlicher und ehrenamtlicher Naturschutz wie die Jägerschaft werden auch weiterhin er-folgreich und kooperativ im Naturschutz zusammenarbeiten und sich mit ihren jeweiligen Fachkompetenzen sachdienlich unterstützen.
Der Fachbereich Umwelt bittet alle, die noch Restbestände von E605 und ähnlichen Giften in Keller, Schuppen, Scheune und Haus verwahren, die Stoffe umgehend und sicher zu entsorgen. Diese Substanzen können kostenlos in haushaltsüblichen Mengen bei den Abfallwirtschaftsstationen und der mobilen Schadstoffsammlung der Abfallwirtschaft Südholstein abgegeben werden.
Von dieser Möglichkeit sollte umfassend Gebrauch gemacht werden.
Kompetente Ansprechpartner sind im Einzelfall gewiß auch die Apotheken. Zu beachten ist auch, dass diese Gifte für Menschen ähnlich tödlich sind, wie für die Tiere.
weitere Informationen:
-zur Biologie und Ökologie des Rotmilan: http://de.wikipedia.org/wiki/Rotmilan
-„Der Rotmilan-Landesweites Monitoring von 2008 bis 2012“
in Jäger in Schleswig-Holstein 5/08
-„Kieler Erklärung zum Schutz der Greifvögel in Schleswig-Holstein“
in Jäger in Schleswig-Holstein 7+8/08
-„Der Rotmilan – Vogel des Jahres 2000“
in Bauernblatt/Landpost 55/151 (4), S. 27-29, 2001