21.11.2008

Ein dunkles Kapitel der Stormarner Geschichte wird aufgearbeitet

Florian Bayer legt seine Magisterarbeit zur Entschädigung von jüdischen und sozialdemokratischen Verfolgten im Nationalsozialismus vor. Die Wiedergutmachung an den Opfern des Nationalsozialismus ist ein wichtiger Bestandteil der deutschen Nachkriegsgeschichte. Florian Bayer aus Bad Oldesloe hat sich in seiner Magisterarbeit mit der Entschädigung von Juden und Sozialdemokraten in Stormarn beschäftigt. Die Grundlage seiner Arbeit bildete dabei ein besonderer Aktenbestand im Kreisarchiv Stormarn: B 2 - Opfer des Nationalsozialismus.

Leider sind die meisten derartigen Akten bei den schleswig-holsteinischen Kreisen nicht überliefert worden, während der Stormarner Bestand (1127 Einzelfälle) als geschlossen bezeichnet werden kann. Er wurde im letzten Jahr von Florian Bayer und Dipl.-Archivar Stefan Watzlawzik erschlossen und ermöglicht einzigartige Einblicke in die persönliche Situation vieler verschiedener Verfolgter direkt nach Kriegsende 1945.

Die Entschädigung der von den Nationalsozialisten Verfolgten geschah zunächst vor allem auf lokaler Ebene in den einzelnen Kreisen. Auch in Stormarn existierte nach dem Zweiten Weltkrieg ein sogenannter Kreissonderhilfsausschuss, der für die Entschädigungsverfahren vor Ort zuständig war. Dass es für die Betroffenen nicht immer einfach war, zeigt der Fall des Juden Max Peine, der sich ab 1943 illegal in Bad Oldesloe aufhielt:

Max Peine
auf dem Foto: Max Peine

Im Oktober 1948 wurde vom Kreissonderhilfsausschuss Stormarn eine 100%ige Erwerbsminderung festgestellt und der Antrag an das Land Schleswig-Holstein zur Auszahlung weitergegeben. Von dort wurde ab Januar 1949 aber nur eine Entschädigungsrente für eine 80%ige Erwerbsminderung gezahlt (186 Mark). Nach weiteren Prüfungen durch die Obergutachter des Landes wurde diese ab Mai 1949 auf 60% herabgesetzt und zusätzlich noch gekürzt auf 129 Mark, weil Max Peine eine kleine Altersrente von 65 Mark bezog.

Als er im Juni 1950 einen Antrag nach dem Haftentschädigungsgesetz stellte, wurde dieser vom Innenministerium Schleswig-Holstein abgelehnt mit der Begründung:
„Das oben genannte Gesetz beschränkt die Gewährung der Haftentschädigung auf die Personen, die tatsächlich ihrer Freiheit beraubt waren oder sich in einem Zwangsarbeiterlager befanden. Diese Voraussetzungen liegen bei Ihnen nicht vor. [...] Die von Ihnen genannten Zeugen haben vor einem Amtsrichter ausgesagt, dass Sie sich in Bad Oldesloe frei bewegen konnten. Das wäre nicht möglich gewesen, wenn die Stapo tatsächlich nach Ihnen gefahndet hätte. Die Tatsache, dass Sie sich in Bad Oldesloe aufhielten, ohne polizeilich gemeldet zu sein, ist in diesem Zusammenhang belanglos.“