29.09.2011

Der Kreis Stormarn liest „In Zeiten des abnehmenden Lichts“

DDR-Roman von Eugen Ruge gewinnt Abstimmung mit knappem Vorsprung

Logo Literaturprojekt Stormarn liest ein Buch„Überragend in seiner erzählerischen Ausgereiftheit – (…) eine faszinierende Innensicht der DDR.“
Felicitas von Lovenberg, FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG

„Große Literatur“ Jörg Magenau, SÜDDEUTSCHE ZEITUNG

„Eugen Ruge ist ein Erzähler von einer Virtuosität, von einer sprachlichen Finesse, von einer erzähltechnischen Genauigkeit, wie man sie nicht alle Tage antrifft. (...) Meisterlich." Andreas Isenschmid, 3SAT-KULTURZEIT


Die Literaturkritiker der deutschen Feuilletons scheinen momentan fast nur ein Thema zu kennen: Eugen Ruges Buch „In Zeiten des abnehmenden Lichts“. Der Debütroman des 57-Jährigen löst bundesweit Lobeshymnen aus und ist für die Shortlist des Deutschen Buchpreises nominiert – und auch die Stormarner haben sich von dieser Begeisterung anstecken lassen: Im Frühjahr 2012 steht das DDR-Buch im Mittelpunkt der ersten großen Literaturaktion „Der Kreis Stormarn liest ein Buch“.

Die Entscheidung war am Ende knapp: Seit Mitte August konnten die Stormarner bestimmen, welchen Titel sie Anfang Mai 2012 gemeinsam lesen möchten. Im Internet, ausgewählten Buchhandlungen und Bibliotheken des Kreises beteiligten sich in sieben Wochen über 2.700 Literaturfans an der Abstimmung – „eine überwältigende Resonanz“, wie Dr. Friederike Daugelat findet.

Die Kulturreferentin des Kreises Stormarn hat das Leseprojekt ins Leben gerufen und bis zum Schluss mitgefiebert: „In den letzten Stunden der Internet-Abstimmung hat der Favorit ständig gewechselt.“ Die Entscheidung fiel erst auf der Auftaktveranstaltung am 28. September abends im Schloss Reinbek, wo die drei zur Wahl stehenden Bücher öffentlich präsentiert wurden. Bei allen Titeln handelte es sich um Neuerscheinungen des Reinbeker Rowohlt-Verlags, der die Aktion als Kooperationspartner unterstützt.

Neben Eugen Ruges Roman hatte auch der Regionalkrimi „Toter geht’s nicht“ von Dietrich Faber gute Aussichten auf den ersten Platz – schließlich landete er nach Auszählung aller Stimmen mit 46,3% jedoch knapp hinter „In Zeiten des abnehmenden Licht“, das mit 48,3% die meisten Stormarner Leser für sich einnehmen konnte. Der dritte Platz ging an „Painting Marlene“, ein Kunst- und Entwicklungsbuch für junge Erwachsene von Sabine Ludwig, das 5,4% der Stimmen erhielt.

„Das Buch von Eugen Ruge bietet viele spannende Themen, fordert aber auch zu einer anspruchsvollen Auseinandersetzung mit dem Niedergang des DDR-Regimes heraus“, sagt Friederike Daugelat. Sie ruft alle interessierten Stormarner auf, sich mit den unterschiedlichen Aspekten des Romans zu beschäftigen. „Das Buch ist einerseits eine Familiengeschichte, andererseits ein Gesellschaftsroman, der das Leben in einem kommunistischen Staat beschreibt“.

Vom 30. April bis zum 13. Mai 2012 soll „In Zeiten des abnehmenden Lichts“ nun in Stormarn gelesen werden – und gleichzeitig sollen die Bürger kreisweit miteinander ins Gespräch kommen über die einzelnen Handlungsstränge und Fragestellungen des Buches.

Viele Begleitveranstaltungen sind geplant, von der Podiumsdiskussion über eine Ausstellung oder eine Exkursion bis zu einem Konzert ist nach Einschätzung Daugelats alles denkbar. „Ich bin gespannt, welche Ideen die Stormarner entwickeln. Jeder, der Lust hat, sich an dem Projekt mit einer eigenen Aktion zu beteiligen, kann mitmachen und sich bei mir melden“, erläutert die Kulturreferentin. Ein umfassender Veranstaltungsflyer wird dann über die unterschiedlichen Aktionen informieren.

Außerdem geht im Rahmen der Aktion „Der Kreis Stormarn liest ein Buch“ auch ein Projekt für junge Leser an den Start: Vom 23. bis 29. April 2012 steht das Kinderbuch „Volles Risiko“ von Ulli Schubert in Stormarn im Mittelpunkt, ein spannender Roman, der in einer Fußballschule am Meer spielt. Schulen, Familien oder Sportvereine sind daher ebenfalls aufgerufen, sich an der Kinderbuchwoche zu beteiligen.

„Das Literaturprojekt ist bereits im Vorfeld auf so großes Interesse gestoßen, dass ich mich schon sehr darauf freue, wenn 2012 tatsächlich in Stormarn gemeinsam gelesen wird“, so Friederike Daugelat. „Die Idee soll dazu beitragen, durch überregionale Themen ein Stück kulturelles Gemeinschaftsgefühl im Kreis entstehen zu lassen und gleichzeitig natürlich auch Lust machen, sich mit Literatur zu beschäftigen.“

Die Chancen dürften nach Einschätzung der Kreiskulturreferentin gut stehen: In den Feuilletons wird „In Zeiten des abnehmenden Lichts“ bereits als die neuen Buddenbrooks gehandelt - „ein lebenskluger Roman“, wie Iris Radisch in der „ZEIT“ resümiert.

„In Zeiten des abnehmenden Lichts“
Eugen Ruge zeichnet in seinem Roman die wechselvolle Geschichte einer deutschen Familie nach - von den Jahren des Exils bis ins Wendejahr 89 und darüber hinaus. Sie führt von Mexiko über Sibirien nach Ostberlin, über die Gipfel und durch die Abgründe des 20. Jahrhunderts. So entsteht ein weites Panorama, ein großer Deutschlandroman, der Geschichte als Familiengeschichte erlebbar macht: groß durch seine menschliche Reife, seine Genauigkeit, seinen Humor.

Drei Generationen stehen im Mittelpunkt: Die Großeltern, noch überzeugte Kommunisten, kehren Anfang der 50er Jahre heim in die junge DDR, um dort ihren Anteil am Aufbau der neuen Republik zu leisten. Ihr Sohn, als junger Mann nach Moskau emigriert und später nach Sibirien verbannt, tritt die Reise vom anderen Ende an: Er kehrt mit seiner russischen Frau zurück in eine Kleinbürgerrepublik, an deren Veränderbarkeit er weiterhin glauben will.

Dem Enkel indes wird die Wahlheimat von Eltern und Großeltern zusehends zu eng – bis er, ausgerechnet am neunzigsten Geburtstag des Patriarchen, in den Westen geht. Die Strahlkraft der politischen Utopie scheint sich von Generation zu Generation zu verdunkeln: Es ist die Zeit des abnehmenden Lichts.

Eugen Ruge, 1954 in Soswa (Ural) geboren, studierte Mathematik an der Humboldt-Univer¬sität und wurde wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentralinstitut für Physik der Erde. Er war beim DEFA-Studio für Dokumentarfilm tätig, bevor er 1988 aus der DDR in den Westen ging.

Seit 1989 arbeitet er hauptberuflich fürs Theater und für den Rundfunk als Autor und Übersetzer. 2009 wurde Eugen Ruge für sein erstes Prosamanuskript In Zeiten des abnehmen¬den Lichts bereits vor Erscheinen des Buchs mit dem Alfred-Döblin-Preis ausgezeichnet.


„Volles Risiko“
Ein „Tag der offenen Tür“ steht an in der Fußballschule am Meer. Die Nachwuchskicker sollen Eltern und anderen Interessierten zeigen, was sie können. Finn ist von dieser Idee gar nicht begeistert – nicht weil er nichts kann, sondern weil er seine Eltern, vor allem seinen Vater, am liebsten nie wieder sehen würde.

Tatsächlich kommt es zum Eklat, und Finns Vater droht, den Geldhahn zuzudrehen. Finn ist am Boden zerstört. Aber so schnell geben sich seine Fußball-Freunde nicht geschlagen. Sie organisieren ein besonderes Freundschaftsturnier, bei dem Finn zeigen kann, was er alles gelernt hat. Doch ob damit seine Zukunft an der Fußballschule am Meer gerettet ist?

Ulli Schubert lebt in Hamburg und ist Experte in Sachen Fußball. Als Kind spielte er selber begeistert, heute fiebert er vor allem mit dem FC St. Pauli. Bevor er Schriftsteller wurde, jobbte er in vielen Berufen: Er arbeitete als LKW-Fahrer, als Liegewagenschaffner und als Sportreporter, bevor er schließlich Erzieher wurde. Seit 1991 schreibt er sehr erfolgreich Kinder- und Jugendbücher.


Die Aktion „Der Kreis Stormarn liest ein Buch“ ist eine Initiative der Kulturreferentin des Kreises Stormarn in Kooperation mit dem Rowohlt-Verlag, gefördert von der Sparkassen-Kulturstiftung Stormarn, der Sparkassen-Stiftung Stormarn und der Stiftung Erwin Baer.