16.04.2011

Archiv-Vorträge: Der antijüdische Boykott am 1. April 1933 in Schleswig-Holstein

Vortragsreihe „Leben unter dem Hakenkreuz“ - Stormarn und Schleswig-Holstein im Nationalsozialismus

„Im Großen und Ganzen aber verhielt sich die Bevölkerung passiv“.


Am 13. April 2011, boten das Stadtarchiv Bad Oldesloe und das Kreisarchiv Stormarn den vierten und letzten Vortrag in der Reihe „Leben unter dem Hakenkreuz – Stormarn und Schleswig-Holstein im Nationalsozialismus“ an. Die Historikerin Dr. Bettina Goldberg sprach über den antijüdischen Boykott am 1. April 1933 in Schleswig-Holstein.

Auch dieser Vortrag fand, da die Veranstaltungsreihe auf eine sehr große Resonanz stieß und die Besucherzahlen hoch waren, im Kreistagssitzungssaal gegenüber dem Kreisarchiv statt.

Nach der Reichstagswahl vom 5. März 1933 fanden von der NSDAP, der SA und vor allem von dem „Kampfbund für den gewerblichen Mittelstand“ initiierte und durchgeführte „wilde“ Boykottaktionen gegen jüdische Geschäfte, Arztpraxen und Rechtsanwaltskanzleien statt. Schaufenster jüdischer Läden wurden eingeworfen oder beschmiert, ihre Besitzer teilweise misshandelt. Der reichsweite Boykott am 1. April 1933, um den es im Vortrag hauptsächlich gehen wird, fand nur zwei Monate nach der Machtübernahme und drei Wochen nach der Reichstagswahl statt. Er war die erste zentral geplante und durchgeführte antijüdische Aktion im Dritten Reich.

Aufnahme anläßlich des Boykotts jüdischer Geschäfte am 1. April 1933 in Flensburg
auf dem Foto: Aufnahme anläßlich des Boykotts jüdischer Geschäfte am 1. April 1933 in Flensburg

Dem 1. April 1933 war eine Rede von Propagandaminister Goebbels vorausgegangen, in der er auf den „Abwehrkampf des deutschen Volkes“ gegen Juden hinwies und die Maßnahmen der Regierung zur Durchführung des Boykotts bekannt machte. Das Volk wurde aufgerufen, den Boykottaufruf in die Tat umzusetzen. In Stormarn kam es u.a. in Ahrensburg zu einzelnen, von der NSDAP organisierten, Boykotten.

Der Vortrag von Dr. Bettina Goldberg wird die antijüdischen Boykottaktionen in Schleswig-Holstein darstellen und dabei besonders der Frage nachgehen, wer der Träger des Boykotts war, auf welche Akzeptanz er in der breiteren nichtjüdischen Öffentlichkeit stieß und welche Auswirkungen er auf die betroffenen jüdischen Geschäftsleute und Akademiker hatte. Dr. Bettina Goldberg hat für ihre Untersuchung viele Interviews mit überlebenden jüdischen ehemaligen Schleswig-Holsteinern geführt.

Dr. Bettina GoldbergInformationen zur Referentin:
Dr. Bettina Goldberg (auf dem Foto rechts) ist Lehrbeauftragte am Institut für Geschichte und Didaktik der Universität Flensburg. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Schulgeschichte und vor allem die jüdische Geschichte Schleswig-Holsteins (1918-1945), zu der sie bereits zahlreiche Aufsätze und Bücher vorgelegt hat.

Zusammen mit Gerhard Paul gab sie 2002 den Band „Matrosenanzug und Davidstern – Bilder jüdischen Lebens in der Provinz“ heraus. Neuerdings erschien von ihr eine Untersuchung zur Geschichte der Flensburger Juden.