18.10.2012

Lucia Schoop erhält den ersten Stormarner Kulturpreis

Logo Stormarner KulturpreisBreite Beteiligung am Wettbewerb zum Thema „Heimat Stormarn“

Drei Bewerbungen haben es in die letzte Runde geschafft, am Ende hat die Jury einstimmig entschieden: Lucia Schoop, bildende Künstlerin aus Bargteheide, wird mit dem ersten Stormarner Kulturpreis ausgezeichnet.

Der Schul-, Kultur- und Sportausschuss des Kreistags hatte im Frühjahr auf Anregung der Kreiskulturreferentin Dr. Friederike Daugelat die Einführung eines mit 3.000 Euro dotierten Preises für die Stormarner Kulturszene beschlossen. Zielsetzung war es, positive Rahmenbedingungen für die künstlerische Arbeit im Kreis zu schaffen. Darüber hinaus soll der Preis ein Zeichen der Anerkennung und Bestätigung für die Kulturschaffenden sein und den Dialog zwischen den Kulturkonsumenten und Kulturproduzenten fördern.

Für den Auftakt war der Preis spartenübergreifend ausgelobt worden und widmete sich dem Thema „Heimat Stormarn“. „Rund dreißig Bewerbungen sind bei mir eingegangen“, berichtet die Kreiskulturreferentin. „Durch die interdisziplinäre Ausschreibung war eine große Bandbreite vertreten. Etwa die Hälfte der Einsendungen kam aus dem Bereich der bildenden Kunst, es waren aber auch einige literarische Arbeiten vertreten ebenso wie Beiträge aus den Feldern Musik, Fotografie, Medien- und angewandte Kunst.“

Lucia SchoopLucia Schoop konnte sich am Ende durchsetzen: Ihr Konzept für eine Installation aus Holzschnitten, Faltobjekten und Briefen, das sich mit der Flüchtlingsbewegung nach dem Zweiten Weltkrieg auseinandersetzt, überzeugte die Jury aufgrund seiner hohen künstlerischen Qualität.

Das Auswahlgremium setzte sich aus namhaften Kulturexperten aus ganz Schleswig-Holstein zusammen. Neben der Vorsitzenden Katharina Perrey, Geschäftsführerin des Landeskulturverbandes, gehörten der Jury auch Brigitte Hohmann, Geschäftsführerin der Landeskulturstiftung, Jutta Kürtz, Vorsitzende des Schleswig-Holsteinischen Heimatbundes, und Prof. Dr. Jörn Henning Wolf, Vorsitzender des Museumsverbandes Schleswig-Holstein und Hamburg, an.

Auch die im Kreistag vertretenen Fraktionen hatten je ein Jurymitglied entsandt, Friederike Daugelat war als Beraterin anwesend und stellte die eingegangenen Bewerbungen vor. „Die Jury hat sich sehr ernsthaft mit den Beiträgen auseinandergesetzt, es gab intensive Diskussionen, die gerade durch die unterschiedlichen Gattungen der Arbeiten beflügelt wurden“, fasst die Kreiskulturreferentin die Sitzung zusammen.

Eine Wettbewerbsteilnehmerin hatte zum Beispiel eigens für die Ausschreibung ihre gesamte Hausfassade bemalt, eine andere reichte einen 400 Seiten starken Krimi ein, der in Bad Oldesloe spielt. Als typische Charakteristika für die „Heimat Stormarn“ spielten verschiedene Motive eine Rolle, wie etwa die ländliche Umgebung zwischen den Großstädten Hamburg und Lübeck, die Weite der Landschaft und der hohe Himmel mit seinen Vogelzügen oder der Schwan aus dem Kreiswappen.

Lucia Schoop setzt sich in ihrer preisgekrönten Arbeit mit einem speziellen Aspekt der Stormarner Geschichte auseinander: Sie geht der Frage nach der Identität des Kreises nach und findet eine charakteristische Besonderheit in der Zahl der Flüchtlinge, die in den 40er Jahren nach Stormarn kamen.

Flüchtlingsfamilie in Stormarn
auf dem Bild: Flüchtlingsfamilie in Stormarn

„Schleswig-Holstein wurde nach dem Zweiten Weltkrieg zu dem Land in Westdeutschland, in das die meisten Flüchtlinge kamen. Großhansdorf im Kreis Stormarn war der Ort in ganz Deutschland, der die meisten Flüchtlinge im Verhältnis zu den einheimischen Einwohnern aufnahm. Die Einwohnerzahl des Kreises Stormarn verdoppelte sich“, beschreibt Lucia Schoop ihren Ansatz. „Da die Flüchtlinge einen Großteil der Bevölkerung stellen und hier in Stormarn ihre neue Heimat gefunden haben, liegt es mir am Herzen, diese Thematik künstlerisch umzusetzen.“

Das umfangreiche Konzept der Preisträgerin umfasst verschiedene Arbeitschritte. Zum einen setzt Lucia Schoop persönliche Familienfotografien aus dem Freundes- und Bekanntenkreis in Holzschnitte um. Diese zeigen verlorene Heimaten und Identitäten, etwa ein Hochzeitsfoto aus Ostpreußen oder ein Familienporträt aus Pommern.

Durch die Umarbeitung in Holzschnitte verlieren die Bilder ihre individuelle Prägung und werden zu allgemeingültigen Geschichten. Zum anderen arbeitet die Künstlerin mit alten Landkarten, die sie ebenfalls in Holzschnitten gestaltet, aus denen sie aber gleichzeitig auch große Bodenobjekte formt in Gestalt des Kinderspiels „Himmel und Hölle“ – „Heimat kann eben beides sein“, findet Lucia Schoop.

Himmel und Hölle aus Landkarte
auf dem Bild: Himmel und Hölle aus Landkarte

Ein letzter Arbeitsschritt beschäftigt sich mit früheren Adressen von Stormarner Bürgern, die heute durch Vertreibung oder neue Grenzsetzungen nicht mehr existieren. „Von Deutschland aus werden von Stormarner Flüchtlingen Einschreiben an ihre alten Heimatadressen mit eigenem Namen geschrieben“, sagt Lucia Schoop. „Diese Einschreiben werden mit Vermerken zurückkommen, da es die Heimatadressen entweder nicht mehr gibt oder aber ihr früheres Zuhause zur Heimat anderer Menschen geworden ist.

Das damalige Zuhause der Zeit vor 1945, ihre Heimat, ist nicht mehr so existent, wie sie sie noch gern in der Erinnerung behalten. Die Briefe werden zurückkommen in die neue Heimat, nach Stormarn.“ Die Konzeption der Installation ist abgeschlossen, die Umsetzung braucht noch etwas Zeit. Die wesentlichen Eckpunkte der Arbeiten liegen jedoch vor und die Beispiele waren so überzeugend, dass die Jury mir ihrer Auszeichnung die inhaltliche Tiefe und den ungewöhnlichen Zugang zum Thema „Heimat Stormarn“ gewürdigt hat.

Lucia Schoop lebt seit 1973 in Bargteheide. Die gebürtige Niederrheinerin ist Mutter dreier Kinder und hat in Greifswald und Hamburg ab Mitte der 90er Jahre ein Studium der Kunst und der Kunstgeschichte absolviert. Ihre Ausstellungstätigkeit hat sie bis nach Island und in die Niederlande geführt, aber auch bundesweit ist sie regelmäßig mit verschiedenen Präsentationen vertreten, etwa in Ahrenshoop, Rostock, Düsseldorf, Wolfenbüttel oder Schwerin.

Sie hat bereits verschiedene Stipendien und Preise gewonnen, darunter den Grafikpreis „Jugend musiziert“ des Deutschen Musikrates, den Preis der Norddeutschen Grafikbiennale oder den Brandenburger Kulturpreis. Die 63-Jährige ist u.a. Mitglied der Kunstkommission des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur Mecklenburg-Vorpommerns und ist in Stormarn im Kunstkreis Bargteheide sowie in der Stormarner Künstlerinitiative engagiert. Ihre Arbeitsstätte hat sie im Atelierhaus an der Trittauer Wassermühle.

Die Siegerarbeit von Lucia Schoop mit dem Titel „Konzept: Heimat Stormarn“ wird in Auszügen bei der Preisverleihung am Mittwoch, 14. November 2012 um 19 Uhr im Schloss Reinbek gezeigt. Hier sollen auch die Beiträge der beiden anderen Finalisten gewürdigt werden, die die Jury ebenfalls beeindruckt haben. Zum einen soll der Kurzfilm „Heimatgedanken“ von Bianca Hobusch präsentiert werden, zum anderen das Fotobuch des Künstlerpaares Michaela Wendland und Michael Jöhnk.

Die Preisverleihung ist öffentlich, alle Stormarner sind herzlich eingeladen, daran teilzunehmen und sich über die Wettbewerbsbeiträge zu einem neuen Blick auf ihre Heimat anregen zu lassen. Es sprechen Hedda Bluschke, Vorsitzende des Schul-, Kultur- und Sportausschusses des Stormarner Kreistags, Katharina Perrey, Vorsitzende der Jury, und Kreispräsidentin Christa Zeuke, die der Preisträgerin die Siegerurkunde überreichen wird.