21.06.2005

Kreisarchiv Stormarn übernimmt Unterlagen eines 21jährigen Soldaten der Wehrmacht

„Sein Leben für die Größe und den Bestand von Führer, Volk und Reich hingegeben...“

Hart wie Kruppstahl, zäh wie Leder und schnell wie die Windhunde sollten sie sein. Die neue deutsche Jugend, die zuerst in der Hitler Jugend, später im Reicharbeitsdienst, der Wehrmacht und anderen Organisationen für das Dritte Reich geformt wurden. Einer von ihnen fiel 1943 kurz vor Rom als Leutnant der Luftwaffe mit 21 Jahren – ein Heldentod.

Hans Joachim Krakau Foto: Kreisarchiv

Hans Joachim Krakau wurde 1922 in Halle a.d. Saale geboren. Der Vater war selbst Frontkämpfer im I. Weltkrieg, die Mutter Hausfrau. Er war der einzige Sohn! Als Kleinkind noch recht kränklich, entwickelte sich Hans Joachim zu einem blonden, blauäugigen, sportlichen Jungen, der sich besonders für Schwimmen und Leichtathletik interessierte. Perfekt „arisch“ so zu sagen! Später nach dem II. Weltkrieg hat sein Vater dann geschrieben, dass ihm oft Vorwürfe gemacht wurden, weil er Kontakt zu jüdischen Schulkameraden pflegte.
So recht mag sich allerdings das Bild nicht verfestigen, dass er gegen das System handelte. Denn nur Gehorsam wurde belohnt, Widerstand jedoch abgestraft. Und wie ist sonst die steile Karriere vom einfachen Funker, der freiwillig mit 17 in die Wehrmacht eintrat, zum Leutnant der Luftwaffe innerhalb von nur drei Jahren zu erklären?

Aufmerksam geworden ist das Kreisarchiv Stormarn auf die Unterlagen durch einen Zeitungsartikel. Fünf Schüler aus dem Gymnasium Trittau haben in einer Projektarbeit die Unterlagen aufgearbeitet und eine fiktive Biographie geschrieben. Katharina Bentien, Lisa Scheel, Kristof Handke, Nils Kastner und Jan Simon haben dabei nicht nur viel über das Aufwachsen in Deutschland in den 1920er und 30er gelernt, sondern viel mehr auch über die Auseinandersetzung heute. Denn die meist handschriftlichen Notizen wurden mit Hilfe Ihrer Großeltern entziffert und transkribiert. Dass dabei selbstverständlich Fragen der Enkel an die Großeltern gestellt wurden, war unvermeidlich. Dabei konnte es durchaus passieren, dass die Schüler z.T. Unverständnis für das Denken der älteren Generation empfanden.

Der Lernprozess der Schülergruppe in der Auseinandersetzung mit einer Person, die vor 60 Jahren ziemlich genau in ihrem Alter war, ist sicherlich enorm. Die persönlichen Lebensumstände, die hautnah durch die originalen Quellen vermittelt werden, wirken dabei um so deutlicher.

Manfred Holgreve beim Einordnen Foto: Kreisarchiv

So war es dann auch keine Frage für das Kreisarchiv, sich um die Übernahme der Unterlagen zu bemühen. "Die Arbeit mit handschriftlichen Quellen ist für eine Schülergruppe ganz außergewöhnlich und verlangt großen Respekt.“ so Dipl.-Archivar Stefan Watzlawzik von Kreisarchiv Stormarn. Jetzt nach Abschluss der Gruppenarbeit sind die Unterlagen Hans-Joachim Krakaus und ein Exemplar der Projektarbeit in das Kreisarchiv übernommen worden. „Denn nun müssen die unterschiedlichen Materialien konservatorisch gesichert werden, damit sie für zukünftige Schüler und auch andere Interessierte nutzbar bleiben“, so Watzlawzik weiter. Empfindliche Fotos, vom Zerfall bedrohtes Papier und vor allem ein großes Ölgemälde werden geordnet und später in einem Datenbankprogramm erschlossen. Die Einlagerung in das Magazin hat jedenfalls schon Manfred Holzgreve vom Kreisarchiv erledigt.

Gedankt werden muss der Familie eines der Schüler, die die Unterlagen bereitwillig an das Kreisarchiv abgegeben hat. Der Vater der Familie hatte die Unterlagen auf dem Dachboden einer alten Dame in Großhansdorf entdeckt. Diese wiederum war wahrscheinlich mit der Familie Krakau befreundet.